EDIT! Die Bedeutung von Visionsarbeit für Organisationen, Teams und Personen
(Luise Lohkamp)
A) Bedeutung des Themas
Wozu brauchen Menschen eine Vision? Warum reicht es nicht aus, Ziele und Aufgaben zu haben? Was hat eine Vision mit Mitarbeiter-Bindung zu tun?
In seinem Bindungs- Konzept (Kohlrieser, 2008) beschreibt Kohlrieser, wie wir in Bindung gehen und uns wieder lösen. Die Fähigkeit, Bindungen einzugehen, ist eine der zentralen Voraussetzungen für eine gesunde seelische Entwicklung des Menschen. Bindung bedeutet Verhaftet sein an andere Menschen, Dinge, Orte und Werte. Mitarbeiter und Führungskräfte binden sich an ihr Unternehmen. Sie binden sich an ihre Kollegen, ihren Chef, ihre Aufgabe, ihr Büro, ihre Rituale, ihre Region und vielleicht auch an ihre Kantine. Die Stärke und Ausprägung der jeweiligen emotionalen Bindung und der Fokus mögen individuell unterschiedlich sein, gebunden ist jeder Mitarbeiter. Manche Mitarbeiter sind auch ungut in Ärger oder Trauer gebunden.
Und genau hier spielt die Vision eine wichtige Rolle. Mitarbeiter und Führungskräfte binden sich an das gemeinsame Bild einer attraktiven Zukunft des Unternehmens. Diese Bindung hat relevante Auswirkungen auf die Mitarbeiter-Motivation (vgl. Schulze & Lohkamp, 2010). Je klarer und transparenter sowohl der Entwicklungsprozess einer Vision als auch die Vision selbst sind, desto größer ist die Chance einer positiven Sogwirkung im Unternehmen. Es braucht eine der Unternehmenskultur und deren Lernthema entsprechende Architektur der Entwicklung, Einführung und Weiterentwicklung der Vision. Sonst landet die Hochglanzbroschüre über die Vision nach dem Motto „gelesen – gelacht – gelocht“ in der Schublade.
B) Ausführungen
Ich habe in Anlehnung an Königswieser & Exner (1999) eine Vorgehensweise zur Visionserarbeitung entwickelt, welche die Kontexte der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft beleuchtet und auf dieser Basis eine Vision entstehen lässt. Die Vorgehensweise lässt sich mit jeder betrachteten Einheit (Person, Team, Organisation) anwenden.
Rückblick in die Vergangenheit
Um eine von allen Beteiligten getragene Vision für die Zukunft entwickeln zu können, ist zunächst ein Rückblick in die Vergangenheit erforderlich. Ohne diesen scheint die Vision abgekoppelt, die Beteiligten fühlen sich nicht abgeholt und in ihrer Identität mit ihrer Historie nicht gesehen. Bei diesem Rückblick beschreiben die Mitglieder der betrachteten Organisationseinheit die erlebten Erfolge und Misserfolge in einem chronologischen Zeitraum beginnend mit der Gründung des Teams/der Organisation. Nach der Präsentation und einer vertiefenden Befragung gilt es abzuleiten, was aus der Vergangenheit losgelassen werden soll und was in eine Zukunft mitgenommen werden kann. An dieser Stelle sind Trauerrituale zum Loslassen nützlich. Die Würdigung der Vergangenheit, das Zulassen von diesbezüglichen Emotionen wie beispielsweise Trauer sowie die abschließende Reflexion tragen dazu bei, den Widerstand gegenüber dem Neuen auf ein angemessenes Maß zu reduzieren.
Trends in der Zukunft
Im nächsten Schritt geht es darum, Trends, die in der Zukunft auf das Unternehmen beziehungsweise die Organisationseinheit oder die Person zukommen, zu definieren und sich kritisch zu fragen, inwieweit die Organisation diesem Trend gegenüber gut aufgestellt ist.
Eine ideale Zukunft: die Vision
Nun ist die Basis gelegt für den Blick in die Zukunft. Hier bieten sich die unterschiedlichsten Methoden an, von denen ich zwei bevorzuge:
- das Visualisieren der idealen Zukunft mithilfe von gemalten Bilder. Eine mögliche Vorgehensweise beschreibt Schulze (2006) in 5 Schritten.
- das kreative Präsentieren von Kleingruppen zu Szenarien einer idealen Zukunft in Form von Märchen, Sketch, Zeitungsartikel, Interview etc. Bei Einzelpersonen wähle ich alternativ das Erzählen einer attraktiven Geschichte in der Zukunft.
Da sich manche Auftraggeber eher einen schlanken rationalen Prozess wünschen, sei an dieser Stelle erwähnt, dass bei beiden Methoden die Wahl einer kreativen Methode notwendig ist, um die Teilnehmer einzuladen, sich emotional auf die Bilder einer attraktiven Zukunft einzulassen. Anderenfalls entstehen hübsche gedankliche Konstrukte, die allerdings schnell an Sog verlieren.
Ziele für die Zukunft
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