Die AGHPT blickt auf ihre Mitgliederversammlung zurück
Die Arbeitsgemeinschaft Humanistische Psychotherapie hatte im Herbst 2022 ihre Mitgliederversammlung in Frankfurt. Zwei Mal im Jahr jeweils zwei Tage lang treffen sich die Delegierten der Verbände und die persönlichen Mitglieder der AGHPT, um gemeinsam die AGHPT gut in die Zukunft zu steuern.
Wie wir die Mitgliederversammlung der AGHPT erlebt haben:
Kathrin:
Ich habe auf der MV einen sehr lebendigen und engagierten Diskurs für die Verfahren der Humanistischen Psychotherapie (HP) erlebt und viel über aktuelle politische Entwicklungen in der deutschen und internationalen Psychotherapielandschaft erfahren.
Außerdem fühlte ich mich als persönliches Mitglied sehr willkommen und habe den Wunsch gehört, mehr Menschen zu einer persönlichen Mitgliedschaft einzuladen.
Liebe Anatoli, Du vertrittst als Delegierte den DFP in der AGHPT und engagierst Dich in der „AG Lehre“. Kannst Du etwas zur Geschichte der AGHPT erzählen?
Anatoli:
Die AGHPT ist die Dachorganisation von 10 Humanistischen Verbänden. Erste gemeinsame Sitzungen – der sogenannte „große Ratschlag“ – fanden 2009 statt, um die HP wieder in der deutschen Psychotherapie-Landschaft sichtbarer zu positionieren. 2010 wurde der Antrag auf wissenschaftliche Anerkennung gestellt, der 2018 vom Wissenschaftlichen Beirat abgelehnt wurde. 40 deutsche ProfessorInnen unterschrieben 2019 in einen offenen Brief, dass sie diese Entscheidung für „tendenziös“ und „mangelhaft“ halten.
Die HP ist international genauso anerkannt und wissenschaftlich fundiert wie die anderen drei Grundorientierungen (Verhaltenstherapie, Psychodynamische, Systemische Psychotherapie). In Deutschland gibt es einen Sonderweg, wobei es um Macht und Geld geht.
Ein wichtiger Aspekt für die AGHPT ist die wissenschaftliche und sozialrechtliche Anerkennung der HP. Gleichzeitig arbeitet die AGHPT auf mehreren Ebenen. Unser Ziel ist, dass die HP wieder in die universitäre Lehre kommt, dass sie noch mehr in der Fortbildung genutzt wird, außerdem dass Forschungsergebnisse der HP bekannt werden und vieles mehr. Dafür versuchen wir als VertreterInnen der AGHPT in so vielen Gremien wie möglich tätig zu sein. In diesen Gremien setzen wir uns für Methodenvielfalt in der Psychotherapie ein. Wir sind davon überzeugt, dass PatientInnen und KlientInnen über eine Wahlmöglichkeit verfügen sollten, welches der international anerkannten Psychotherapieverfahren sie für sich nutzen möchten.
Kathrin:
Danke für die Zusammenfassung. Auf der Website der AGHPT findet sich vieles von dem, was Du beschrieben hast, wieder. Es sind wirklich interessante Informationen, die sonst nur mit großem Aufwand zu finden sind. Die Vertretung der Humanistischen Psychotherapie in
einem nicht freundlich gesonnenen berufspolitischen Umfeld ist eine große Aufgabe. Wie schafft ihr das? Und was können persönliche Mitglieder da bewirken?
Anatoli:
Ich glaube, wir alle sind von unserem Verfahren überzeugt, von dem humanistischen Menschenbild, das wertschätzend und empathisch an die Wachstumsfähigkeit des Menschen glaubt. Durch die humanistische psychotherapeutische Haltung erleben wir tagtäglich existentielle Begegnungen auf Augenhöhe in unserer Arbeit. Eine große Bereicherung! Das Prinzip der Verantwortungsübernahme und der Sinnhaftigkeit, leitet uns alle und ich habe die Engagierten in der AGHPT als wertschätzende WegbegleiterInnen erlebt, mit denen ich sehr gerne zusammenarbeite.
Persönliche Mitglieder könnten unsere Wirkkraft verstärken. Wie Du in der Mitgliederversammlung gesehen hast, gibt es viele Ideen, die aber manchmal langsam umgesetzt werden oder warten müssen, weil uns die personellen Ressourcen fehlen. Und wir freuen uns auch, wenn Persönliche Mitglieder neue Ideen einbringen. Es ist von uns gewünscht, dass Persönliche Mitglieder mitgestalten. Ein gutes Beispiel ist ja auch dieses Interview, die Idee dazu kam von Dir als Persönliches Mitglied.
Anatoli:
Was hat Dich denn motiviert, Dich bei der AGHPT zu engagieren und Mitglied zu werden?
Kathrin:
Seit der Gründung der AGHPT schätze ich deren berufspolitisches Engagement außerordentlich und kann mich mit dem Ziel der Anerkennung unserer Verfahren und dem Erhalt der Methodenvielfalt voll identifizieren. Die vermeintlich wissenschaftlich begründete Nicht-Anerkennung der HP bei gleichzeitigem „Ausschlachten“ unserer Methoden empört mich.
Als Gestalttherapeutin empfinde ich außerdem den Austausch mit VertreterInnen anderer Humanistischer Orientierungen als große Bereicherung. Diese Erfahrung habe ich auf Kongressen der AGHPT in der Vergangenheit sehr genossen. Darum habe ich mich 2020 dem Planungsteam für den 2022 leider ausgefallenen/verschobenen AGHPT-Kongress angeschlossen und bin 2021 Persönliches Mitglied geworden.
Nun lädt die AGHPT mehr Interessierte zur persönlichen Mitgliedschaft ein. Was müssen denn Interessierte tun oder erfüllen, um Mitglied zu werden?
Anatoli:
Persönliche Mitglieder müssen eine humanistische Psychotherapieausbildung absolviert haben oder sich in einer solchen Ausbildung befinden. Den Mitgliedsbeitrag mit 100 € im Jahr finde ich vertretbar. Interesse, Zeit, Engagement und neue Ideen sind uns sehr willkommen. Und jedes persönliche Mitglied kann sich eine eigene Orientierungsphase nehmen.
Als Persönliches Mitglied hast Du in der zweimal jährlichen Mitgliederversammlung Rederecht und Antragsrecht. Das Stimmrecht ist den Verbänden vorbehalten.
Wer Persönliches Mitglied werden will, kann sich formlos bei unserem Vorsitzenden
Karl-Heinz Schuldt bewerben. https://aghpt.de/mitglied-werden-die-aghpt-foerdern/
Wie stehst Du als persönliches Mitglied zu dieser Reglung?
Kathrin:
Ich finde es gut und richtig, zumal die Delegierten eine große Gruppe von Mitgliedern mit ihrer Stimme vertreten. Es tut gut, mich in den Diskurs einbringen zu können. Gleichzeitig profitiere ich auch vom Zuhören. Als Persönliches Mitglied habe ich außerdem die Möglichkeit, mitzugestalten und mich zu engagieren, wenn ich das möchte.
Als Vertreterin eines humanistischen Psychotherapieverfahrens fühle ich mich in der konventionellen Therapielandschaft nicht immer wirklich ernst genommen. Die Teilhabe am Engagement der AGHPT tut gut, lässt über den Tellerrand hiesiger Gepflogenheiten hinausblicken und setzt der Deutungshoheit einer Lobby- und Macht-orientierten Berufspolitik etwas entgegen. Das macht Hoffnung und gibt Auftrieb.
Als Vertreter*innen einzelner Humanistischer Therapieverfahren können wir außerdem den Titel / das Zertifikat „Humanistische Psychotherapie“ erwerben. Ein Titel, der hoffentlich immer bekannter wird.
Kathrin Schleitzer, Diplom Psychologin, Diplom Sozialarbeiterin, Psychoonkologin, Gestalttherapeutin, Persönliches Mitglied in der AGHPT.
Anatoli Pimenidou, Dipl.-Psych., Psychologische Psychotherapeutin (TP), Humanistische Psychotherapie, Psychodrama-Therapeutin, Traumatherapeutin, Delegierte des DFP für die AGHPT, Delegierte der PTK Hessen, Delegierte des PVW, Mitglied der Psy4F.
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